< 2021 >
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Über das Hornerfahren

von Manfred Mayr aus dem Jahr 1999


In der Bevölkerung gelten die Hornschlittenfahrer immer noch als „Halbwahnsinnige“ und werden belächelt, was ich erst kürzlich auf einer Sportlerehrung erfahren musste. In Wirklichkeit ist es ein ernstzunehmender Sport, der sich in den letzten Jahren stark in die professionelle Richtung entwickelt hat, wie ein Pressetext vom 20. Januar 1997 zeigt:

‚Die Idylle ist gewichen, was zurück bleibt, ist Spitzensport‘ von Mathias Kunfermann, Thusis

Was vor einigen Jahren recht harmlos angefangen hat, ist heute zu einem Spitzensport herangewachsen; unerbittlich wird trainiert, in jeder freien Minute an der Ausrüstung herumgefeilt und auf der Rennstrecke um Hundertstel Sekunden gekämpft. Vor nicht langer Zeit wurde das Hornschlittenfahren als Spleen von Abenteurern und Lebensmüden angesehen und belächelt. Doch in Tat und Wahrheit ist es ein professioneller und durchorganisierter Sport mit Alpencupmeisterschaften, Bündner Trophy und Europameisterschaften.

1. Geschichte

Früher musste man im gesamten Alpenraum das im Sommer gemähte Heu sowie Brennholz mit sogenannten Hornschlitten ins Tal bringen. Auch ganze Baumstämme oder Milchkannen wurden damit transportiert. Das war eine sehr harte und gefährliche Arbeit und nur ein „buiener Siach“ (starker und geübter Fahrer) konnte diese Ladung heil ins Tal hinunterbringen.

 

Durch die Weiterentwicklung von Land- und Forstwirtschaft wurden diese Schlitten immer weniger benötigt. Sie lagerten in Dachböden oder hingen an Hauswänden unter den Dächern von Hauswänden. Dies änderte sich, als einige Burschen aus Garmisch-Partenkirchen damit begannen, aus reiner Gaudi mit Hornschlitten von der Alm ins Tal zu fahren. Im Rahmen einer Wette führte man dann am 06.Januar 1970 bei Nacht ein Rennen durch, um herauszufinden, wer der beste Nachthornschlittenfahrer ist. Die Strecke wurde für die 7 Schlitten beleuchtet, und mit einem Gewehr wurde der Startschuss gefeuert. Das Rennen kam so gut an, dass man beschloss, jedes Jahr das Rennen zu wiederholen. Beim nächsten Rennen, das bei Tag stattfand, waren es 13 Schlitten, ein Jahr darauf schon 37 Schlitten und 4000! Zuschauer. Das Interesse wuchs rasend schnell. Beim Rennen 1975 waren fast 8000 Zuschauer anwesend. Bei diesem Rennen fuhr auch Dr. Rainer Barzel (späterer Bundestagspräsident) mit. Auch in Gaisach bei Bad Tölz fanden schon sehr früh Rennen statt. Aufgrund einer Wette von 1928 stürzten sich 40 Hornerschlitten (Schnabler) ohne Bremsen mit 2 Mann Besatzung auf der 1,5 km langen Strecke ins Tal. Mit Riesensprüngen (Rekord liegt bei 29,5 m) begeistern Sie die Zuschauer. Allerdings dürfen bei diesem Rennen nur Einheimische mitmachen. Bald kam dieser Sport ins Allgäu nach Pfronten (mit ca. 250 Schlitten das größte Rennen), Wertach, Gestratz, 1983 nach Siggen und 1985 nach Wengen. Der sportliche Ehrgeiz wurde immer größer und so begann man, die alten originalen Schlitten durch selber gefertigte zu ersetzen. Auch die Ausrüstung wurde von Jahr zu Jahr verbessert, die Kufen wurden gewachst und Schutzhelme oder Schutzprotektoren wurden getragen. Aus dem anfänglichen Allgäu-Pokal (Wertung der Rennen: Wertach, Wengen, Gunzesried, Siggen und später Sulzberg) entwickelte sich der Internationale Allgäu-Cup. Ähnliche Entwicklungen gab es in Österreich, im Schwarzwald (hier heißen die Schlitten Schnabler) und in Südtirol. Mit viel Idealismus, technischem Wissen, Energie und Sportsgeist haben die Mitglieder der Hornschlittenclubs des Alpenraumes an der Weiterentwicklung und am Renommee einer neuen Sportart gearbeitet. So wurde im Jahre 1985 das Hornschlittenfahren in die FIL (Internationaler Rennrodelverband mit IRO= Internationale Rodelordnung) aufgenommen, und 1995 fand erstmals eine Hornschlitten Europameisterschaft in Telfs (bzw. auch in Mösern) statt.

2. Der Hornerschlitten

2.1 Beschreibung und Aufbau

Der Name Horn-, Horner- oder Hörnerschlitten (auch Schallenger oder Schnabler) rührt von den 2 hörnerförmigen Kufenenden her. Sie sind zum Teil sehr lang und stark gebogen und bilden das Markenzeichen eines solchen Schlittens. Sie wurden praktischerweise früher zum festhalten gebraucht, da der Schlitten keine richtige Sitzbank besaß und man im Stehen fuhr. Der hier mitgebrachte Hornerschlitten ist mein eigener. Ich habe ihn vor 6 Jahren für 750 DM (inkl. Kufen) gekauft. Im Laufe der Jahre sind einige Veränderung am Schlitten vorgenommen worden oder gebrochene Holzteile erneuert worden, sodass es nur noch wenige originale Teile am Schlitten gibt (z. B. wurde die Sitzbank erhöht, die Holme gebogen, Füße ersetzt…). Mit ihm bestritt ich bis jetzt ca. 55 Rennen, etliche Trainingsfahrten und bin auch bestimmt schon 10 Mal gestürzt. Dieser Hornschlitten entspricht den Hittisauer Bestimmungen und ist für 2 Mann vorgesehen. Er ist ca. 45 kg schwer, 2,17 m lang, 1,13 m breit und 0,83 m hoch. Die Kufen sind 4 cm breit und haben einen Winkel von ca. 6° (das entspricht einem Sturz von 10% der Kufenbreite) zur Waagrechten (erlaubt sind max. 6,34°). Sie sind an der Innenseite im Bereich der Lauffläche sehr scharf , außen und im übrigen Bereich etwas stumpfer, da beim Kurvenfahren sich die Innenseite der Kufe ins Eis schneidet. Außerdem ließen wir eine geringfügige (erlaubte) Struktur in die Lauffläche einschleifen. Der Schlitten besteht aus Eschenholz, das astfrei ist und sich nicht so leicht verzieht. Auch Ahorn- oder Eichenholz wird verwendet. Die Kufen und Querverbindungen bestehen aus mehreren Holzschichten, die verleimt und gebogen wurden. Die Sitzbank wurde mit einer relativ harten Polsterung bedeckt.

2.2 Tuning und Pflege

Der Hornschlitten wird vor jeder Saison gründlich durchgecheckt und überholt. Die Schrauben werden nachgezogen, der Sturz überprüft ggf. nachgestellt, gespaltene Holzteile werden ausgewechselt und neue Ideen oder Verbesserungen werden umgesetzt. Diese Änderungen werden dann in Testfahrten vor dem ersten Rennen geprüft. Die Vorbereitung für ein Rennen erfolgt am Vortag bzw. am Morgen des Renntages. Die Kufen werden mit einem Bandschleifer blank geschliffen, und die Innenseite der Kufen werden mit einem im Winkel einstellbaren Kantenschleifer, den man auch für Skier verwendet, haarscharf geschliffen. Danach werden die Kufen mit einem Bügeleisen aufgewärmt (gute Handwärme). Dann lässt man das ausgewählte Wachs (wir verwenden Bereichswachse: eins für pos. Temp (>0 Grad) und eins für niedrige Temp. (<0 Grad)) auf die Kufen tropfen, das anschließend mit dem Bügeleisen schön gleichmäßig verteilt wird. Nachdem das Wachs erkaltet ist, zieht man die Kufen und Kanten mit einer Abziehklinge ab. Abschließend werden noch Kufenschützer (aufgeschnittenes Plastikrohr mit Isolierung) aufgebracht. Neben der Warmwachsmethode kann man die Kufen auch mit Tuben- oder Flüssigwachs präparieren: Wachs auftragen, 5 – 10 Minuten einwirken lassen und gründlich mit einem Stofflappen polieren. Das ist die praktischere Methode, da man auch noch kurz vor dem Start (oder bei einem zweiten Durchgang) die Kufen wachsen kann. Alle paar Jahre wird der Schlitten vollständig abgeschliffen und neu lackiert.

3. Arten von Hornschlitten und deren Bestimmungen

Es gibt regional bedingt sehr viele unterschiedliche Hornschlittenarten und deren entsprechende Regeln und Bestimmung. Darüber hinaus gibt es aber auch offizielle internationale Regelwerke. Verbreitungsbereich der Hornerrennen:

 

  • Die bekannteste ist die IRO (Internationale Rodelordnung) vom Internationalen Rennrodelverband (FIL), das im Jahre 1985 für Hornschlitten erweitert wurde. Die Rennen nach deren Bestimmungen sind die Alpencuprennen, Europameisterschaften und Bündner Trophy.
  • Die Hittisauer Bestimmungen vom Jahre 1985 gelten für Hornerschlitten mit 2 Mann Besatzung. Die Rennen nach deren Bestimmungen finden vorwiegend im Allgäu (Internationaler Allgäu-Cup) und in Vorarlberg (Österreich) statt.

Des weiteren haben unter anderem folgende Hornschlittenrennen eigene Teilnahmebestimmungen:

  • Bayerische Meisterschaften im 4-er-Hornschlittenfahren (Hornschlittenverein Partenkirchen)
  • Herzogenhorn-Hörnle-Marathon im Hornschlittenrennen (SV Menzenschwand)
  • Schallenger-Rennen in Pfronten

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sehr viele unterschiedliche Hornschlittenbauweisen und Bestimmungen gibt:

Es gibt Hornschlittenrennen für 2 (z.B. Allgäu-Cup), 3 (Hornschlitten: Klasse Rennschlitten) und für 4 (z.B. Bayr. Meisterschaft in Garmisch-Partenkirchen) Mann Besatzung, es gibt Schlitten mit und ohne Bremsen/Scharen, mit und ohne Anschubhilfen (Kipfe), unterschiedliche Kufenmaterialien (Holz, Kunststoff, Eisen…) unterschiedliche Kufenneigungen/Sturz und andere Abweichungen. Wichtig ist jedoch, dass der Schlitten in seinen wesentlichen Bestandteilen aus Holz sein muss und generell als Hornschlitten erkennbar ist (Einzelheiten in den Anlagen und unter Punkt 4: Einteilung des Hornersports).

4. Einteilung des Hornersports (subjektiv)

4.1. Gaudirennen

Von den ursprünglich durchgeführten Gaudirennen haben nur noch wenige Veranstalter diesen ´Gaudicharakter` beibehalten. Die bekanntesten Rennen sind Garmisch-Partenkirchen, Pfronten und Gaisach. Auffällig ist, dass gerade diese Rennen den größten Zuschauerzufluß, die größte Teilnehmerzahl und das größte Medieninteresse genießen. So starten z. B. in Pfronten regelmäßig ca. 250 Hornerschlittenmanschaften. Bei der Bayrischen Meisterschaft in Garmisch-Partenkirchen, das weithin als größtes Hornerspektakel bekannt ist, sind bis zu 10000 Zuschauer entlang der Piste und auch verschiedene Fernsehsender anwesend. Zusätzlich ist aus Sicht des Hornerfahrers auffällig, dass viele Teilnehmer dieser Rennen nur einmal im Jahr, eben auf diesem Rennen, fahren, obwohl diese Rennen als die schwierigsten Strecken gelten. Der Spaß steht bei diesen Rennen im Vordergrund, obwohl auch hier ehrgeizig um hundertstel Sekunden und Plazierungen gekämpft wird. Die Zuschauer bekommen hier viele Stürze, originale Schlitten (auch als Sonderschlitten mit Heu und Holz beladen) und ´buiene Burschen` in Ledertracht zu sehen. Die Hornermannschaften haben oft originelle Namen wie Schützenwaldwiesele, die Glorreichen oder Bayrisch-Preisischer-Jodelwahnsinn.

4.2. Hobbyrennen

Hier starten vornehmlich (über 90%) Hornermannschaften, die in Clubs oder Vereinen organisiert sind. Rennen des Internationalen Allgäu-Cups sind typische Vertreter. Die Leistungsdichte ist relativ groß. So waren z. B. die ersten zehn Schlitten des Hornerrennens 1996 in Gunzesried nur um 82 Hundertstel Sekunden voneinander getrennt. Aber auch die Gaudi wird groß geschrieben, welche man beispielsweise an den wilden Hornersprüchen erkennt, die man spontan in die Menge schreit. Durchschnittlich starten ca. 60 – 100 Herrenschlitten und ca. 10 Damenschlitten. Die Hornerteams fahren ähnlich einer Meisterschaft bei 5 bis 10 Rennen pro Jahr mit. Die bis zu 4000 Zuschauer bekommen hier Stürze als auch rasant um die Kurven schießende Hornerschlitten zu sehen. Optisch erkennt man, daß hier ca. 70 % der Teilnehmer Schutzhelme und je nach Vereinszugehörigkeit einheitliche Jacken tragen. Die Rennen des Internationalen Allgäu-Cups und in Vorarlberg werden nach den Hittisauer Bestimmungen gefahren. Hier sind in den letzten Jahren vor allem Teams aus Österreich (HC-Au, HC-Bregenzerwald) und der HC-Siggen führend. Es werden bei diesen Rennen Spitzengeschwindigkeiten von 80 km/h erreicht.

4.3. semiprofessionelle Rennen

Das Maß aller Dinge was die Professionalität angeht sind im Hornersport die Rennen des Alpencups, Bündner Trophy und der Europameisterschaft. Auch hier kann man mit dem Sport kein Geld verdienen, da es keine Preisgelder gibt. Mittels Sponsoren kann man jedoch versuchen, die Unkosten abzudecken. Es gibt die Normal- und die Rennschlitten, welche äußerlich nur bei näherer Betrachtung zu unterscheiden sind. Diese Schlitten jedoch sind mit den originalen Schlitten von damals oder den in Punkt 4.1. und 4.2. verwendeten Schlitten nicht vergleichbar. Es sind High-Tech-Schlitten, die bis zu 4500 DM kosten. Gestartet wird nach IRO–Verordnung der FIL. Der Untergrund der Naturbahnen besteht vollständig aus einer ca. 10 cm dicken Eisschicht. Die Teilnehmer der Mannschaften haben Rennanzüge an, Spikes an den Schuhen und manchmal eine Wechselsprechanlage in den Helmen des Lenkers und des Bremsers. So schießen diese Rennschlitten ins Ziel und fahren in den Kurven wie auf Schienen. Der ultimative Kick sind die seit 1998 jährlich stattfinden Hornschlittenrennen im Eiskanal auf der Bobbahn in St. Moritz für die sich nur die 15 Besten des Alpencups qualifizieren. Geschwindigkeiten bis 100 km/h werden erreicht. Die Startbestimmungen in diesen Rennen sind sehr genau. Man benötigt eine FIL-Lizenz in der folgende Sachen enthalten sein müssen:

  • medizinische Untersuchung
  • private Versicherungsbescheinigung
  • Mitglied in einem Hornschlittenverein
  • Mitglied im Landesverband (Deutscher Rennrodelsport auf Naturbahn im DBSV)
  • Startgenehmigung durch die FIL fürs Sportjahr

5. Fahrtechniken

Beim Hornschlittenfahren gibt es wiederum sehr viele Fahrtechniken. Wenn man die Allgäu-Cup-Rennen (Hornschlitten für 2 Mann) betrachtet, kristallisieren sich 3 Fahrhaltungen heraus.

Die herkömmliche Liegetechnik des Hintermanns. Sie ist veraltet, nicht mehr so gebräuchlich und auch nicht richtig konkurrenzfähig. Der Vorteil ist der niedrige Schwerpunkt (der Schlitten überschlägt sich nicht so schnell), der Nachteil ist der geringe Bewegungsspielraum.
Die übliche Sitztechnik des Hintermanns. 80 Prozent der Hinterleute sitzen auf dem Schlitten oder legen sich zurück. Der Hintermann kann den Vordermann besser mit Gewichtsverlagerung unterstützen, ohne dass der Schlitten seine Stabilität verliert.
Die neuartige Stehtechnik des Hintermanns. Die Kufen des Schlittens sind hinten etwas länger und mit Schrauben versehen. Der Hintermann steht auf diesen Kufenenden und hebt sich an den Holmen. Mit dieser Technik kann er noch aktiver den Vordermann unterstützen. Er ist aber mehr gefordert und muss ständig aufpassen, dass er nicht vom Schlitten fliegt.
Der Vordermann sitzt auf seinem erhöhten Sitz. In Kurven reißt er den Schlitten vorne etwas hoch, oder er steht etwas auf und geht ein bisschen nach vorne, um den Schlitten optimal in den Kurven zu kontrollieren. Der Fahrer bestimmt zum größten Teil mit seinen Fahrkünsten die Fahrtrichtung, doch auch der Beifahrer (auch Helfer oder Bremser genannt) trägt mit seiner Gewichtsverlagerung zum Kurvenfahren bei. Ist Bremsen erforderlich , reicht die Bremswirkung des Vordermanns in den meisten Fällen aus (Die Gleitschuhe mit scharfen Kanten werden in den Untergrund gestemmt). In Notfällen gibt der Vordermann dem Hintermann ein Zeichen (Schrei), und auch dieser krallt seine Schuhe in den Boden. Ganz wichtig ist das Verständnis, die ´blinde Kommunikation` zwischen Vorder- und Hintermann.

6. Sicherheitsaspekte

6.1 Verletzungsgefahren

Die Schlittenfahrer fahren grundsätzlich auf eigenes Risiko. Der Veranstalter übernimmt keine Haftung für Verletzungen der Fahrer. Sinnvoll ist es daher eine private Unfallversicherung abzuschließen. Hornschlittenfahren ist kein ungefährlicher Sport. Die Gefahrenquellen für eine Verletzung sind vielseitig. Hat man die Kontrolle über den Schlitten verloren, ist man oft hilflos ausgeliefert. Dann kann sich der Schlitten überschlagen, gegen feststehende Gegenstände (Bäume, Schutzzäune, Banden…) fahren oder auch noch unbeteiligte Zuschauer mitreisen. Die Arten von Verletzungen reichen von Schürfungen, Blessuren, Verstauchungen, Bänderdehnungen über Platzwunden am Kopf oder Prellung bis hin zu Knochenbrüche, Wirbel- oder Kopfverletzungen (Gehirnerschütterung). Wenn man aber bestimmte Punkte beachtet, lässt sich das Risiko einer Verletzung minimieren:

nicht unter Alkoholeinwirkungen fahren
angemessene Schutzausrüstung tragen (auf jeden Fall einen Helm)
dem Fahrkönnen und Erfahrung angemessene Fahrweise
Gymnastik vor dem Start

6.2 Schutzausrüstung

Spezielle Schutzausrüstung fürs Hornschlittenfahren gibt es nicht, jedoch ist die Schutzausrüstung der Motocross-Motorradfahrer ideal: Sturzhelm mit stabilem Visier bzw. mit Skibrille, Rücken- und Brustprotektor oder vereint in einem Schutzanzug mit Schulterschutz, Skihandschuhe und Gleitschuhe (umgebaute Skischuhe). Sinnvoll sind auch Knie- und Ellenbogenschützer, feste Hosen und Jacken.

7. Ein Renntag

Für das Rennen in Wengen ist Treffpunkt um 9:30 Uhr bei Mayr´s ausgemacht. Während wird die Kufen unseres Schlittens schleifen und wachsen trudeln nach und nach alle ein. Die sechs Schlitten werden auf einen Autoanhänger aufgeladen und dann geht´s los. In Wengen angekommen, wird die Startnummer abgeholt und noch eine Kleinigkeit gegessen. Heute sind wir ausnahmsweise mal zeitig dran, so können wir ganz in Ruhe den Schlitten den Hang hinauftragen und mit anderen Hornerfahrer ein „Schwätzchen“ halten. Trotzdem ist es anstrengend und geht ganz schön in die Arme. Mit Startnummer 65 haben wir noch Zeit, uns die Strecke genauer anzuschauen und unsere Fahrt zu besprechen. Wir beschließen, heute volles Risiko zu fahren, da uns die Strecke liegt und auch beste Schneeverhältnisse vorliegen. Wir werden in unserem Vorhaben aber ein bisschen verunsichert, da fast jeder 2-te Schlitten stürzt. Bei Startnummer 30 machen wir uns auf den Weg zum Start. Die Startvorbereitungen laufen routiniert wie immer, fast schon automatisch ab. Jeder Handgriff sitzt. Der Puls beginnt allmählich schneller zu schlagen, Nervosität macht sich breit. Noch fünf Schlitten vor uns. Ich konzentriere mich noch einmal auf mich, das Rennen und die Strecke. Mein Beifahrer ist nicht so introvertiert und unterhält sich noch mit Clubkameraden. Doch jetzt wird’s langsam ernst. Wir besprechen noch einmal eine der Schlüsselstellen und schlagen uns wie vor jedem Rennen in die Hände. Das ist ein Ritual das wir seit dem 1. Rennen vor 8 Jahren beibehalten haben und uns Mut und Teamgeist gibt. Jetzt gibt der Starter das Kommando, aber gestartet wird nach meinem Befehl. Zwei, eins und los. Ich zieh den Schlitten im Skatingschritt, mein Beifahrer schiebt an und steigt dann elegant in den Schlitten. Der Start verlief ohne Probleme und die Nervosität ist der Konzentration gewichen, die mich nur das Geschehen auf der Strecke wahrnehmen lässt. Optische und akustische Reize außerhalb der Strecke bekomme ich nur unbewusst mit. Jetzt beginnt die „Gratwanderung zwischen Risikobereitschaft und Sicherheitsdenken, zwischen Können und Wollen“. Wir sind gut unterwegs, der Schlitten läuft schnell, und wir nehmen die ersten Kurven ohne größere Probleme. Im Mittelquerstück werden wir ein bisschen nach unten getragen, was wir aber mit Gefühl ausgleichen. Vor der unteren Schlüsselstelle müssen wir noch einmal korrigieren, damit wir die Rechtskurve, in der sich davor eine tückische Welle befindet, wie zuvor besprochen, richtig anfahren. Zuerst geschanzt, dann die Kurve genommen. Geschafft!! Das hatten wir uns gedacht. Am Auslauf der Kurve, ich lehne mich gerade zurück, stechen wir in eine Furche ein, der Schlitten fängt an zu kippen, ich kann nichts dagegen tun, da ich in der Rückenlage keine Gegenwucht auf den Schlitten ausüben kann. Auch mein Beifahrer hat die Kurve (und das Rennen) schon abgehakt und ist überrascht. So fahren wir auf einer Kufe am Tor vorbei, was mir wie eine Ewigkeit vorkommt. Wir stürzen, sind aber auch gleich wieder in Position und fahren weiter, den Zielhang hinunter ins Ziel. Wir sind beide total frustriert nach diesem blöden Vorfall, da wir sehr gut unterwegs waren. Mein Beifahrer wirft deshalb bei der Zieldurchfahrt seinen Helm aus erster Erregung heraus in den Zielraum. Nach einer kurzen Zeit haben wir uns wieder beruhigt und freuen uns mit ein bisschen Wehmut mit unseren Clubkollegen, die diese Stelle besser nehmen und gute Platzierungen erreichen. Wir laden die Schlitten auf, gehen zur Siegerehrung in die Festhalle und fachsimpeln. Später werden wir uns noch gemeinsam das Video anschauen und uns manche Neckerei anhören lassen müssen.

8. Trainingsmöglichkeiten

Auch im Hornschlittenfahren wird schon seit Jahren für die Rennen trainiert. Man kann dieses Training auch mit einem geselligen Sonntagnachmittag kombinieren. Trainingsstrecken gibt es in Insiderkreisen genügend. Es sind meist richtige Rodelstrecken oder Zufahrtswege zu Hütten, die im Winter nicht geräumt sind. Im Allgäu sind das z. B. die Strecke bei der Gunzesrieder Säge, die Strecke zum Kranzegger Haus oder die Zufahrt zur Drehhütte bei Füssen. Aber auch auf dem Hausberg beim Sulzberger Skilift, bei dem wir HORNADOS jährlich unser Hornerschlittenrennen durchführen, wird trainiert.

9. Sozialer Aspekt

Beim Training kommt selbstverständlich der gesellige Teil nicht zu kurz. Nach dem anstrengenden Hinaufziehen der Schlitten gönnt man sich gemeinsam in der Hütte eine Ruhepause. Geselliges Beisammensein wird unter den Hornerschlittenfahrern sehr groß geschrieben. Auch auf Rennen kommt man sich vor wie in einer großen Familie. Hier wird keiner ausgeschlossen. Das gemeinsame Hobby verbindet, und es sind auch schon viele Hornerfreundschaften über die Jahre entstanden. Darüber hinaus sind viele Hornervereine auch im Sommer bei unterschiedlichen Veranstaltungen mit dabei. Bei Seilziehen, Bajuwarenfünfkampf (Fingenhakeln, Bajazel auf, …), Maibaumfest (mit eigenhändigem Maibaumaufstellen), Fußballturniere, Triathlons u.v.a. trifft man sich wieder. Spaß, Kameradschaft und Kampfgeist wird dabei immer groß geschrieben.

10. Organisation eines Rennens

Beim jährlich stattfindenden Sulzberger Hornerschlittenrennen (Intern. Allgäu-Cup), das vom TSV Sulzberg und vom Hornerschlittenverein HORNADOS-Sulzberg durchgeführt wird, herrscht Aufgabenteilung. So übernimmt der TSV größte Teile der Organisation (Presse, Versicherung, elektronische Zeitmessung und Musik, Imbißstände …), die HORNADOS sind u. a. für die Strecke zuständig. Dazu gehört die Streckenführung, Schutzmaßnahmen (Schutzbanden…) und dafür sorgen, daß die Rennteams ideale Pisten- und Streckenverhältnisse vorfinden. Das erfordert viel Arbeit: Schon zwei Wochen vor dem Rennen wird die Strecke ausgesteckt und mit der Pistenwalze abgefahren. Eine Woche davor wird der Untergrund erstmals mittels Feuerwehrschläuche mit Wasser begossen und anschließend mit Skier festgestampft. Das wird bei Bedarf ein zweites oder drittes Mal gemacht. Am Tag vor dem Rennen helfen dann alle zusammen, damit unter der routinierten Leitung des HORNADOS-Chefs Anton Mayr alles ideal für die große Veranstaltung, bei der man 3-4 tausend Zuschauer erwartet, vorbereitet ist.

11. Umweltgedanke

Nach dem Rennen wird schon mit dem Abbauen der Tore, Imbißstände, Absicherungen, elektr. Zeitmessung, Bauwägen usw. begonnen. Am Tag nach dem Rennen wird die Strecke gründlich nach Abfällen durchsucht und entsorgt. Sobald der Schnee an diesem Hang gewichen ist, wird nochmals gründlich aufgeräumt und die Holzbanden abgebaut. Der Hang sieht danach wieder genauso aus wie davor. Es sind auch keine Schädigung der Grasschicht durch die Schlittenkufen zu erkennen, da durch eine gute Pistenpräparation auch die letzten Schlitten noch auf Schnee und nicht auf Gras und Dreck fahren. Darüberhinaus ist der Hornschlitten als Sportgerät überaus umweltfreundlich. Er stoßt keine Schadstoffe aus und wird aus Holz hergestellt (und wenn er zerstört ist, wird er im Holzofen verbrannt). Die Natur wird in keinster Weise belastet, denn auch schon unsere Großväter fuhren mit diesem Schlitten, als man noch gar nichts von Umweltverschmutzung wusste.

Für mich persönlich ist Hornerschlittenfahren der optimale Wintersport, Geschwindigkeitsrausch und Adrenalinkick ziehen dich in seinen Bann. Aber auch außerhalb der Piste ist man durch und durch ein richtiger Hornerer geworden, ein Lebensgefühl, bei dem noch Gemütlichkeit, Kameradschaft und Hilfsbereitschaft groß geschrieben werden. Dies wird sehr schön durch das folgende Gedicht unseres Vereins beschrieben:

Hornar fahra isch unser Leaba,
Horner fahra, nix scheners kos geaba,
auf da Kopf d´Zipfel Kappa,
auf´m Buggel s´Horner Wappa.
D´Leaderhosa da Arsch nauf zoga,
d´Falla zua und gscheide Schua.
Horner her, jetzt isch a Rua.

Seit 1991 wird alljährlich im 2. Januarwochenende das Sulzberger Hornerrennen veranstaltet. Auf der ca. 600 m langen Strecke mit 150 Metern Höhenunterschied wird dann der Sieger am Skilift Oberthannen ermittelt. Bei den Hornerfahrern gilt das Sulzberger Hornerrennen als eines der anspruchvollsten Rennen im Allgäu.